Mehr zu den Grünen Fingern findet ihr hier!

Umweltforum Osnabrück: „Grüne Finger endlich konsequent schützen“ – Offener Brief an den Stadtrat –
Das Umweltforum Osnabrücker Land e.V., als Dachverband der Osnabrücker Umweltverbände, hat sich jetzt mit einem offenen Brief zum Schutz der sog. „Grünen Finger“ an den Rat der Stadt Osnabrück gewandt. Hintergrund ist die verzögerte Umsetzung einer diesbezüglichen Handlungsempfehlung einer gemeinsamen Studie von Hochschule und Stadt Osnabrück, was das Umweltforum bemängelt.
Bereits im letzten Jahr hatte der Verband zu dem Thema eine groß angelegte Kampagne durchgeführt, in deren Rahmen über 5.600 Unterschriften von Osnabrücker BürgerInnen an den Rat übergeben wurden (die NOZ berichtete). Wörtlich heißt es in dem Brief an die Ratsmitglieder: „bereits im Juni 1997 hatte der Stadtrat beschlossen, die Grünen Finger – in ihrer damaligen Ausprägung! – zu schützen, diesen Beschluss jedoch nie in die Tat bzw. eine verbindliche Sicherung umgesetzt“ und weiter „Jetzt, 25 Jahre später, sollte im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss im Juni 2022 eigentlich die verbindliche Sicherung und Entwicklung der Grünen Finger auf den Weg gebracht werden. Alle Fraktionen waren im Projektverlauf und im Vorfeld der Sitzung ausführlich durch den Projektleiter Prof. von Dressler informiert und beraten worden.
Was in dieser Sitzung passierte, gibt jedoch Anlass zur Besorgnis. Statt mit Blick auf das bereits in Bearbeitung befindliche Stadtentwicklungskonzept die Umsetzung der Projektergebnisse zu beschließen, störte eine Fraktion die Präsentation der Forschungsergebnisse durch demonstratives Desinteresse, um anschließend „weiteren Beratungsbedarf innerhalb ihrer Fraktion“ anzumelden und notwendige Entscheidungen weiter aufzuschieben.
Wir befürchten nun, dass der Schutz der Grünen Finger verzögert, verwässert und auf „unkritische“ Teilflächen reduziert werden soll.“ „Bei einem solchen Vorgehen werden wir Umweltverbände nicht einfach tatenlos zusehen“, betont Andreas Peters, 1. Vorsitzender des Umweltforums und führt im Brief weiter aus „die Grünen Finger sind ein Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt! An Ihnen (dem Stadtrat) liegt es, ob sie zu unserer Stärke weiterentwickelt oder weiter geschwächt werden!“ Abschließend heißt es: „Gemeinsam mit Tausenden Osnabrücker BürgerInnen appellieren wir daher an Sie: Halten Sie Ihre Wahlversprechen und schützen Sie unsere natürlichen Lebensgrundlagen – jetzt!“. Der offene Brief ist dieser Mitteilung angehängt und darf selbstverständlich gerne von Ihnen auch als Hintergrundinformation im Original veröffentlicht werden. V.i.S.d.P. Andreas Peters, 1. Vorsitzender
Offener Brief-Grüne Finger-2022
Unterschriftenübergabe des Umweltforums an den Stadtrat – 5.614 Unterschriften für den Erhalt der Grünen Finger
Das Umweltforum Osnabrücker Land e.V. hatte im Juni dieses Jahres die „Initiative zur Rettung der Grünen Finger in Osnabrück“ gestartet, deren Ziel es ist, dieses in Deutschland einmalige Freiraumsystem durch eine städtische Satzung unter Schutz zu stellen. Vor der Ratssitzung am 16.11. übergab jetzt eine Delegation der Organisatoren 5.614 Unterstützerunterschriften an den Ratsvorsitzenden Michael Hagedorn. „Das ist ein starkes Signal der Bürgerinnen und Bürger und zugleich ausdrücklicher Auftrag an den neu gewählten Rat“, betont Dr. Matthias Schreiber, 2. Vorsitzender des Umweltforums Osnabrücker Land, dem Dachverband der Osnabrücker Umweltverbände. „Klimaschutz und die Bewahrung der Artenvielfalt beginnen vor der Haustür. Hier muss das umgesetzt werden, was sich die Staaten der Erde bei den großen Umweltkonferenzen der letzten Monate versprochen haben: In Glasgow zur Rettung des Klimas und im September in Kolumbien zum Schutz der Biologischen Vielfalt.“, macht Schreiber deutlich.
Weiter heißt es: „Es scheint ja parteiübergreifend Konsens zu sein, welche Bedeutung die Grünen Finger für die Naherholung der Osnabrücker Bevölkerung und für den Erhalt der Biodiversität haben. Und es herrscht Einigkeit, dass sie gerade in Zeiten des Klimawandels unverzichtbar sind, weil sie die Innenstadt im Sommer mit frischer, kühler Luft versorgen. Unstrittig ist außerdem, dass die Grünen Finger bei extremen Wetterlagen große Regenmengen aufnehmen und so die Grundwasserneubildung garantieren. Außerdem ermöglichen die Grünen Finger naturnahe, autofreie Rad- und Fußverbindungen ins Umland.“
Trotz dieser Erkenntnis, dass sie von entscheidender Bedeutung für die Lebensqualität der Osnabrücker Bevölkerung sind, wurden die Grünen Finger in der Vergangenheit immer weiter beschnitten und anderen Belangen untergeordnet. Überall entstanden Wohn- und Gewerbegebiete oder Freizeit- und Sportanlagen, wie z.B. das Nettedrom neben dem Nettebad. Das möchten die Initiatoren dauerhaft ändern und einen Schutz nach Maßgabe eines Stadtentwicklungskonzeptes der Hochschule Osnabrück erreichen, das gerade in Arbeit ist.
Nähere Informationen gibt es unter: http://www.umweltforum-osnabrueck.de/
Bildunterschrift: Dr. Matthias Schreiber 2. Vorsitzender Umweltforum, rechts im Bild, übergibt die Unterschriften an den Ratsvorsitzenden Michael Hagedorn (2. von lks.), der in Begleitung einer Ratsdelegation erschienen war.
Foto: Umweltforum
V.i.S.d.P. Dr. Matthias Schreiber, 2. Vorsitzender
Aufruf des Umweltforums Osnabrück an die Bürger*innen Osnabrücks zur Rettung der grünen Finger
In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in den Städten infolge der Binnenwanderung vom Land stark an, relativ stärker als heute. Gleichzeitig erlebte aber die Stadtplanung damals in vielen Ländern Europas, auch in Deutschland und auch in Osnabrück eine Blüte. Hier sorgte der damalige Stadtbaurat Lehmann für eine wichtige Gestaltungsgrundlage, indem er forderte, dass die von Natur aus gegebenen Grüngebiete – also das, was heute grüne Finger heißt – mit den innerstädtischen Freiflächen zu verbinden seien.
In der Karte kann man die noch nennenswerten Reste der grünen Finger erkennen. Ein Großteil der Stadtgrenze wird von diesen grünen Fingern gebildet. Sie verbinden die Stadt mit dem Umland, in ihnen wird Frischluft in die Stadt transportiert, sie dienen Tieren und Pflanzen als Lebensraum, Tieren als Wanderungsraum und den Bürgern als Raum zur Erholung und zum Naturerleben. In ihnen sind naturnahe, autofreie Rad- und Fußverbindungen ins Umland möglich. Die grünen Finger sind eine Besonderheit von Osnabrück. Lehmann und die Verantwortlichen seiner Zeit haben in größeren Zusammenhängen gedacht und uns heutigen Bürgern einen Schatz hinterlassen.
Heute ergeht sich die Osnabrücker Stadtentwicklungspolitik in Klein-Klein. Zwar wird in Sonntagsreden immer wieder der – insbesondere für das Stadtklima – hohe Stellenwert der grünen Finger betont. Aber dann wird Platz für eine Eisfabrik benötigt. Den findet man im
grünen Finger am Burenkamp in Sutthausen. Oder es muss ein Nettedrom gebaut werden. Den Platz dafür findet man im grünen Finger beim Nettebad. Und immer wieder wird ein Stück von einem der grünen Finger abgeschnitten und zugebaut. Die jüngste Aktion dieser Salamitaktik war der Beschluss des Stadtrates vom 15.12.2020. Es wurde beschlossen, Flächen im grünen Finger Sandbachtal zur „Entwicklung von Bauerwartungsland“ zu erwerben. Das alles hätte nicht passieren dürfen und insbesondere der jüngste Ratsbeschluss war endgültig ein falscher Beschluss zu viel.
Der Rat der Stadt hat im Jahr 2007 schon einmal ein Stück vom grünen Finger Sandbachtal für ein neues Wohngebiet abgeschnitten. Damals nördlich der Knollstraße. Seinerzeit war die SPD gegen diese Flächenumwidmung. Sie wurde von der CDU durch die Zusage ins Boot geholt, dass dies nun der letzte Eingriff in diesen grünen Finger sein sollte. Südlich der Knollstraße sollte es keine weitere Bebauung mehr geben. Wo ist aber das neue Bauerwartungsland? Südlich der Knollstraße. Die Selbstverpflichtung der CDU wurde also kurzerhand gekippt. Dass die SPD die Seite gewechselt hat, ist aus strategischer Sicht nicht zu verstehen. Im Jahr 2007 gingen noch etliche Klimaprognosen davon aus, dass die Sommer in Osnabrück feuchter werden würden. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Es wird trockener und heißer werden. Wie konnte die SPD in 2007 die vor Überhitzung der Stadt schützende Funktion der Grünen Finger verteidigen und heute, bei inzwischen deutlich verschlechterten Klimaaussichten, zu ihrer Schwächung beitragen? Große Teile des Rates haben anscheinend ihren strategischen Kompass verloren. Deshalb wollen die im Umweltforum Osnabrück zusammengeschlossenen Verbände aktiv werden und in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft die grünen Finger retten.
Sicher, die Stadt braucht dringend Wohnungen, insbesondere bezahlbare Mietwohnungen. 600 pro Jahr sollen es werden. Die Fläche im Sandbachtal soll dem Wohnungsbau gewidmet werden. Es soll in den grünen Finger hinein gebaut werden, weil es kaum noch andere freie Flächen in der Stadt gibt. Die freien Flächen werden sich aber in den nächsten Jahren nicht vermehren. Also jedes Jahr ein weiteres Stück von den grünen Fingern abschneiden? Das kann es nicht sein. Das Projekt Sandbachtal ist Ausdruck von Perspektivlosigkeit. Eine Stadt, die sich auf die Klimakatastrophe einstellen muss, darf diese dringend benötigten Freiflächen nicht langsam aber sicher zubauen.
Also muss eine langfristig orientierte Wohnbaupolitik die benötigten Flächen für den dringend erforderlichen Wohnungsbau nicht in, sondern zwischen den Grünen Fingern finden. Wenn man Flächen in den bestehenden Bebauungsachsen umwidmen kann, dann sollte man das tun. Weitere Versiegelung sollte vermieden werden. Am Neumarkt entwickelt sich jetzt, nach einem Fast-Planungs-Fiasko, etwas in die richtige Richtung. Da geht noch mehr!
Wenn Expansion aber sein muss, dann sollte sie als sternförmige Verlängerung der bestehenden Bebauungsachsen und nicht in den grünen Fingern erfolgen. Die Stadt muss dazu mit den Nachbargemeinden kooperieren, und es müsste endlich die Verkehrswende ernsthaft begonnen werden. Entlang von schnellen Stadtbahnlinien ins Umland – auch über die Stadtgrenzen hinaus – könnten neue Wohngebiete entstehen. So wird es z.B. in Freiburg gemacht. Anstatt die grünen Finger langsam aber sicher zuzubauen und damit zu zerstören könnten die grünen Finger als Konzept zur Entwicklung der Metropolregion in das Umland exportiert werden. Die geografischen Voraussetzungen sind gut, wie ein Blick auf Google Maps zeigt. Das Umweltforum Osnabrück will erreichen, dass die Politik in größeren Zusammenhängen denkt, dass das Denken nur in den Grenzen der eigenen Gemeinde überwunden wird.
Die grünen Finger müssen vor den Begehrlichkeiten der Tagespolitik geschützt werden. An unverbindliche Selbstverpflichtungen sollte man nach den jüngsten Erfahrungen nicht mehr glauben. Das Umweltforum Osnabrück fordert deshalb als Sofortmaßnahme den Schutzstatus eines Landschaftsschutzgebietes für die grünen Finger. Langfristig fordern wir eine Erhaltungssatzung und eine ökologische Aufwertung der grünen Finger. Dazu gehören auch „grüne“ Verbindungswege zwischen den einzelnen grünen Fingern. Das Umweltforum schließt sich auch diesbezüglich den Empfehlungen des Forschungsprojektes der Hochschule Osnabrück an, das sich unter Leitung von Professor Hubert von Dressler mit der „Bedeutung der grünen Finger für eine klimaresiliente Stadt“ befasst. Mehr Informationen finden Sie unter https://gruene-finger.de.
Osnabrück nennt sich Friedensstadt. Aber auch Osnabrück trägt zur Erderhitzung, zur Flächenversiegelung, zur Vermüllung von Luft, Wasser und Boden durch Chemikalien und Mikropartikel, zum Artensterben bei. All das ist Teil eines Krieges gegen die Natur und damit auch gegen die Menschheit. Wenn der Titel „Friedensstadt“ nicht nur eine Phrase für das Stadtmarketing, sondern ein ernstgemeintes Ziel bezeichnen soll, dann wäre es an der Zeit, dass diese Stadt einen Friedensprozess mit der Natur einleitet! Das Wichtigste dabei wäre, dass wir der nicht-menschlichen Natur wieder Rechte geben und dass wir sie nicht laufend weiter schwächen und zurückdrängen. Rettung und Stärkung der grünen Finger wären ein großer Schritt in diese Richtung.
Die grünen Finger sind enorm wichtig für die nachhaltige Entwicklung der Stadt Osnabrück, und sie sind in Gefahr. Wir vom Umweltforum Osnabrück als Dachverband der Osnabrücker Natur- und Umweltverbände wollen sie retten und dauerhaft für die Nachwelt sichern. Werden Sie Teil der Bewegung zur Rettung der grünen Finger. Unterstützen Sie die Kampagne des Umweltforums.